Adolf Eichmann, Hauptverantwortlicher für den Transport der im deutschen Machtbereich lebenden Juden in die Massenvernichtungslager, wurde am 11. Dezember 1961 in Israel zum Tode verurteilt und später hingerichtet. In einem offenen Brief an dessen Sohn Klaus hat Günther Anders 1964 in der ihm eigenen eindringlichen Weise gewarnt: Das 'Eichmann'-Problem ist kein gestriges; wir alle sind ebenfalls Eichmannsöhne, mindestens Söhne der Eichmannwelt. Es ist die Welt der Vernichtungsmaschinen, deren Wirkungen unsere Vorstellungskraft übersteigen. Damit ist die Gefahr gegeben, daß wir darin widerstandslos und gewissenlos wie Rädchen funktionieren, daß unsere moralische Kraft dem Apparat nicht gewachsen bleibt und Jedermann ein Eichmann werden kann.
Für die Neuauflage des Briefes 1988 hat Günther Anders im Zusammenhang mit dem Historikerstreit den ursprünglichen Text durch einen zweiten Brief an Klaus Eichmann ergänzt, in dem es heißt: "Wahr ist zwar - das war entsetzlich genug -, daß Stalin zahllose Opfer jahrelang in Kauf genommen hat. Trotzdem - und diesen Unterschied dürfen wir nicht unterschlagen - der Gedanke an eine fabrikmäßige Liquidierung von Menschenmassen, richtiger: an eine systematische Leichenherstellung, wie sie Hitler und Ihr Vater durchgeführt haben, der ist ihm niemals gekommen. Selbst unter den parteiischen deutschen Historikern, die im 'Historikerstreit' mitdiskutiert haben, hat es nicht einen gegeben, der sich getraut hätte, Stalin derartiges nachzusagen - kurz: Dasjenige, worauf Hitler da angeblich reagiert, was er da angeblich imitiert hat, das hatte gar nicht existiert."
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