Mit Johann Christian Günther (1695-1723) endet die große schlesische Dichtunstradition des Barock. In dieser Überganszeit zwischen Barock und Aufklärung gelang Günther unter dem Druck kümmerlicher wirtschaftlicher Verhältnisse in zwölf Jahren ein großes, vielseitiges, unverwechselbares Werk, von dem etwa 600 Gedichte. Briefe, Fragmente und ein Schuldrama überliefert sind. Wurde sein zeitgenössischer Ruhm vor allem in seinen repräsentativen Lobgedichten, den Satiren, Studentenliedern und Gelegenheitsgedichten gesehen, gab die bis in unsere Zeit reichende spätere Günther-Rezeption den Liebes- und Klageliedern den Vorzug, die als Zeugnisse eines bürgerlichen Frühsubjektivismus, als geniale Vorläufer der Goetheschen Erlebnislyrik gelesen wurden. Aber Günther war kein Revolutionär, er wußte nur vielerlei Muster und Vorgaben, wie sie schon vor ihm bekannt waren, virtuoser auszuschöpfen als alle Zeitgenossen. Mit dieser Ausgabe, die sich in Umfang, Textauswahl und - überlieferung sowie in der Gliederung grundlegend von den wenigen Vorgängereditionen unterscheidet, wird erstmals eine ausführlich kommentierte Auswahl vorgelegt, die dem Anspruch einer Werkausgabe entspricht.
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