Um Devisen beim Baumwollimport zu sparen, regte das NS-Regime seit 1934 die Gründung von regionalen Zellwollewerken an, in denen aus heimischem Zellstoff (halb)synthetische Textilfasern hergestellt wurden. Eigentümer dieser Werke waren regionale Textilunternehmen.
Eines entstand 1935/36 im niederbayerischen Kelheim. Mark Spoerer und Martin Götz zeigen, dass dessen Gründung keineswegs Resultat einer von oben oktroyierten Entscheidung war, sondern viele süddeutsche Textilunternehmen ein eigenes Interesse hatten, sich an dieser neuen Technologie zu beteiligen. Obwohl zur Importsubstitution gegründet, entwickelte sich das Werk nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem ausgesprochenen Exportunternehmen. Für den sich globalisierenden Weltmarkt erwies es sich jedoch als zu klein, so dass es 1968 von Hoechst übernommen wurde. In den 1970er und 1980er Jahren nahm Hoechst umfangreiche Investitionen vor, insbesondere im Bereich des Umweltschutzes. 1993/94 trennte sich Hoechst von der Chemiefasersparte. Es gehört zur Ironie in der Geschichte dieses Werks, dass es gerade diese frühen Umweltinvestitionen waren, die ihm in der Folgezeit das Überleben in konzerninternen Standortwettbewerben sicherte.
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