1542 begann der Jesuitenorden mit der Mission im asiatischen Raum, zunächst in Indien, dann in Indonesien und Japan. In diesen ersten drei Jahrzehnten der Jesuitenmission wurden Strukturen geschaffen und Praktiken institutionalisiert, die für die weitere Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert prägend blieben. Was aber ließ die ersten Jesuitenmissionare in Indien und Japan glauben, ihr Vorhaben sei überhaupt menschenmöglich? Worauf gründeten sie ihr Handeln? Bislang hat die Forschung immer die Fähigkeit des Ordens zur Anpassung, zum Verständnis des kulturell Anderen, zu Akkulturation oder Akkommodation hervorgehoben. Eine praxeologische und biografische Analyse des Missionspersonals und seiner tatsächlichen Handlungen führt aber zu anderen Schlüssen. Geleitet wurden die Jesuiten in Asien in diesen ersten dreißig Jahren weit weniger von tatsächlicher Auseinandersetzung mit den dortigen Kulturen als von einem zutiefst aristotelisch-thomistisch geprägten Logik- und Menschenbild, das ihnen ein Verständnis des Fremden schwer, wenn nicht gar unmöglich machte. Die Organisation ihrer Präsenz und die hierarchische Strukturierung ihrer Glaubensverbreitung verweisen dabei auf die europäischen Kolonialreiche ihrer Zeit. Sie dienten als Modelle der Ordensexpansion, wenn auch das Ziel ein anderes war: Gewonnen werden sollten nicht Land oder Reichtümer, sondern Seelen. Über diese aber versuchte die Societas Jesu ebenso imperial zu herrschen wie die Könige über ihre Kolonien.
Dr. Tobias Winnerling ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seine diesem Buch zugrunde liegende Dissertation wurde mit dem drupa Preis 2014 der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ausgezeichnet.