»Ein wesentliches Kapitel der Geschichte der Bundesrepublik, der zwischen Melancholie und Furor pendelnde Abgesang auf die verlorene Generation der siebziger Jahre«, schrieb Matthias Bischoff in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum Erscheinen von Ralf Rothmanns erstem Roman 1991.
Weit ausholend läßt der Autor den Hinterhaus-Berliner Kai Carlsen seine Geschichte erzählen. Sie führt ins Ruhrgebiet. Wo »Bergschäden« das Gesicht der Häuser prägen und die Väter im Pütt arbeiten, wird der von der »Herzkrankheit Frau unheilbar infizierte« stille Rebell und stürmische »Rotlichtcasanova« zum Maurer - und entdeckt ein Leben hinter dem Leben. Als Kai Carlsen Arbeit und Wohnung bei Eckhart Eberwein, dem ehemaligen Bauingenieur und Betreiber des »Blow up«, eines Treffpunkts der Subkultur, findet, begegnet der Träumer auf seiner Suche nach innerer Freiheit neuen verwegenen Freunden. Doch über ihre sorglosen Feste legt sich der Schatten einer Frau und ihrer schönen Tochter ... Schließlich arbeitet Kai Carlsen als Pflegehelfer und »Blutwäscher«. Im Waldklinikum trifft er einen kunstsinnigen Kolumbianer und die »von Gerüchten umwitterte« Krankenschwester Marleen. Und lernt zu leben mit der Alltäglichkeit des Exitus in der Pathologie.
Stier ist eine Hommage an die Jugend. Unruhig und intensiv teilt sich das Lebensgefühl einer Generation mit in der Bildungsgeschichte eines jungen Mannes, der zum Erzähler wird, weil er Wesentliches begriffen hat: »Die Zeit, wieviel Menschenalter sie auch dauern würde, war zu kurz. Es ist die Sehnsucht der Verstorbenen, die an uns zerrt, ihre Liebe macht uns und die Dinge vergänglich.«
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