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Die expressionistische Kunst ist in vielerlei Hinsicht politisch: Aus dem Bruch mit den Traditionen – die ja sowohl ästhetische als auch gesellschaftliche Traditionen sind – ergibt sich der Wunsch nach einem "neuen Menschen" und das beginnende 20. Jahrhundert wird als Chance auf einen radikalen Neuanfang gesehen. Der Expressionismus bewegt sich im Spannungsfeld einer Kritik am 'Alten' und dem Beschwören von Visionen, die einerseits oft eigentümlich abstrakt und unklar bleiben. Andererseits schließen sich Expressionist*innen aber oft auch zumindest zeitweise radikalen politischen Bewegungen an. Auch die Anschlüsse an die Lebensreform-Bewegungen haben einen politischen Kern, insofern sie eine alternative Form von menschlicher Gemeinschaft erproben. Zudem reagieren expressionistische Texte und Kunstwerke auf realpolitische Ereignisse und sind von diesen inhaltlich wie programmatisch beeinflusst. Gleichzeitig haben gegensätzliche politische Systeme sich ihrerseits am Expressionismus gerieben und ihn als dekadent oder – wie in der berüchtigten Münchner Ausstellung von 1937 – als 'entartet' betrachtet. Das Verhältnis des Expressionismus zur Politik ist ein komplexes, dessen Facetten das Themenheft aus interdisziplinärer Perspektive genauer nachgeht. Entsprechend eröffnet das Heft in seinen Beiträgen eine vielseitige Sichtweise, die exemplarische Werke aus Kunst, Literatur und Architektur im Kontext der Frauenbewegung, der italienischen Nationalbewegung und der deutschen und österreichischen Kaiserreiche untersucht. Weitere Themenschwerpunkte bilden die Diskussion über Kommunismus und Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg. Mit Beiträgen von Marijke Box, Anja Degner, Norbert Grube, Elmar Kossel, Luigi Monzo, Akane Nishioka, Annadea Salvatore und Dennis Schäfer.