Ekstatische Prophetie kennzeichnete die prophetische Bewegung des Montanismus, die ihre Anfänge in den christlichen Kreisen in der zweiten Hälfte des 2. Jh.n.Chr. in Phrygien nahm. Schnell breitete sich der Montanismus in den christlichen Gemeinden des Reiches aus und provozierte Gegnerschaft. Ein Schlagabtausch zwischen den Montanisten und einem ihrer christlichen Gegner findet sich in einer Schrift, die bei Epiphanius im 48. Kapitel seines Panarions ihr Echo fand (fortan Q.E.). In ihr sucht ein Gegner der montanistischen Bewegung ihre charismatischen Anliegen polemisch-theologisch zu widerlegen. In seiner Argumentation lassen sich auch die Argumente der Montanisten auffinden, sowie einige Orakel ihrer beiden prophetischen AnführerInnen, Maximilla und Montanus.In dieser Studie wird Q.E. als früheste rekonstruierbare Schrift über den Montanismus bestimmt, Q.E.'s theologische Argumentation profiliert und der Apologet Miltiades als ihr Autor erwogen. In einem zweiten Teil stellt Mader das eigene theologische Profil der zwei Propheten durch eine umfassende Exegese der Orakel heraus und erhellt besonders die Wirkungsgeschichte biblischer Texte in diesen Orakeln. Maximilla erweist sich in ihren Orakeln als selbstbewusste Prophetin, die sich gegen innerchristliche Angriffe im Anklang an den Apostel Paulus wehrt. Montanus spricht seine Orakel in der Sprache der Septuaginta und erinnert in der Redeweise am ehesten an den Johannesapokalyptiker sowie an hellenistische Propheten. Beide ProphetInnen haben das Eschaton unmittelbar vor Augen und sehen in ihrer Prophetie eine Bundestheologie realisiert, in der sich Gott dem Menschen in Bedrängnis offenbart und ihm nahe kommt.
Dr. theol. Heidrun Elisabeth Mader ist wissenschaftliche Assistentin an der Theologischen Fakultät in Heidelberg.