Die deutschsprachige Lyrik der 1990er Jahre ist durch eine intensive Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften gekennzeichnet. Die vorliegende Arbeit untersucht einen Ausschnitt dieser "wissenschaftsaffinen" Lyrik, nämlich Gedichte, die Themen oder Motive aus den modernen Biowissenschaften, insbesondere aus den Bereichen Medizin, Neurowissenschaften und Genetik, aufgreifen. Im Zentrum stehen die Werke Durs Grünbeins und Ulrike Draesners, die das Profil der Lyrik stark geprägt haben und für das Untersuchungsthema einschlägig sind: Viele ihrer Gedichte kreisen um den menschlichen Körper und inszenieren ihn im Spannungsfeld von subjektiver Erfahrung einerseits und objektiver Vermessung, Zurichtung und Manipulation durch Medizin und Wissenschaft andererseits. Am Körper, so scheint es, lassen sich die Folgen unmittelbar ablesen, die die Entwicklungen in den Biowissenschaften für unser Menschenbild haben, und als solcher gerät er in den Fokus der Literatur.
Die Arbeit untersucht jedoch nicht nur Gedichte, sondern auch zentrale poetologische Texte beider Autoren und zeigt, dass die Auseinandersetzung mit Erkenntnissen, Fragen und Problemen der Naturwissenschaften auch für ihr Nachdenken über Aufgaben, Formen und Funktionen von Dichtung eine zentrale Rolle spielt.
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