Die Untersuchung widmet sich dem Vergleich von Kommentierungsstrategien in der Renaissance am Beispiel der bisher wenig beachteten Horazkommentare des Cristoforo Landino von 1482 und des Denis Lambin von 1561, die in ihrem Verhältnis zum kommentierten Autor stark kontrastieren. Im ersten Teil liegt der Fokus auf den autorisierenden Paratexten beider Editionen. Landino zeigt sich als Kommentator, der sich als Teil der Dichtungstradition versteht. Lambin hingegen stellt seine Selbststilisierung in den Vordergrund. Im zweiten Teil werden diejenigen Passagen vergleichend analysiert, die die Kommentatoren aufgrund ihres intellektuellen Umfelds vor sprachliche und inhaltliche Herausforderungen stellen: obszöne und epikureische Passagen. Anhand dieser Textstellen kristallisiert sich eine eindeutige Verschiebung im Verhältnis zwischen Autor, Kommentator und Leser heraus: Landino glättet Horaz und schützt seine Leser. Lambin hingegen entzieht sich dieser Verantwortung und konfrontiert seine Leser mit Anstößigkeiten. Dabei werden exemplarisch Entwicklungen im Genre des Kommentars zwischen dem fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert und die Vielseitigkeit der rinascimentalen Horazrezeption sichtbar.
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