Mit dem kleinen Hans, dem Rattenmann und dem Wolfsmann legte Sigmund Freud, für den die Sexualität den Hintergrund unseres psychischen Lebens bildet, drei bis heute klassische Fallstudien vor, die mit ihrer Verbindung von Trauma, Tier und Kind maßgeblich zur Entwicklung der Psychoanalyse beitrugen. Was aber, so fragt Oxana Timofeeva in ihren meisterhaften, aus Religion, Anthropologie und persönlichen Erfahrungen schöpfenden Reflexionen, wenn ihre Lesart durch den sexualisierten Blick des erwachsenen Analytikers getrübt wurde? Wenn nicht unbewusste sexuelle Fantasien der Ursprung von psychischen Störungen sind, sondern hinter den psychischen Dramen der Sexualität etwas anderes steckt: ein Gewaltmechanismus, eine »Maschinerie der Männlichkeit«? Indem sie ihr Augenmerk auf die eigentlichen Protagonisten richtet, nämlich die Kinder, sie in ihrem Schmerz, in ihrer Offenheit und Fähigkeit zu Empathie wie Identifikation mit den Tieren ernst nimmt, gelingt es Timofeeva nicht nur, die Rolle der Tiere in der männlichen Geschlechtersozialisation und also in der Konstitution des Patriarchats neu zu beleuchten. Sie legt zugleich auch die Animalität frei, die den Kern der menschlichen Subjektivität bewohnt.
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