Das wissenschaftliche Interesse galt bisher fast ausschließlich der Romanschriftstellerin Madeleine de Scudéry, der Preziösen und ihrem literarischen Salon. Mit diesem Band wird eine nahezu vollständige Sammlung ihres lyrischen Werks vorgelegt und die Autorin in ihren unterschiedlichen Funktionen als Panegyrikin, Liebeslyrikerin, Salon- und Gelegenheitsdichterin vorgestellt. - Ausgehend von unterschiedlichen Selbstbestimmungsversuchen intellektueller Frauen im Grand Siècle, ihren begrenzten Entfaltungsmöglichkeiten innerhalb des Kulturbetriebs, ihrer condition féminine zwischen Selbstbewußtsein und Selbstverleugnung, wird die Frage nach einem 'weiblichen Schreiben' im Umkreis von Preziosität und lyrischen Gattungstraditionen gestellt. Der aus neueren Theorien (Gender Studies) entwickelte Differenzbegriff erweist sich dabei als sinnvolles Kriterium, topisches und konventionelles Textmaterial in seinen Feinstrukturen neu lesbar zu machen und individuelle Handschriften zu entdecken.
Mit der Absage an den offiziellen Wertekanon und die gängigen Weiblichkeitsmodelle, aber auch der Subversion herrschender Diskurse ist die Alterität der Scudéryschen Lyrik postuliert. Die längst fällige Berücksichtigung des Beitrags der Preziösen bei der Begriffsbestimmung von préciosité und poésie précieuse läßt die bedingte Tauglichkeit dieser Etiketten erkennen und den Begriff einer poésie des précieuses notwendig erscheinen. Mit der hier vorgelegten Neudefinition der Scudéryschen Ethik und Ästhetik (dé-brutaliser) läßt sich diese poésie des précieuses auch als poésie précieuse dekonstruierende poésie dé-précieuse lesen.
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