Das Gedächtnis ist ein stummes Archiv, in das nur die Erinnerung und die Wörter Leben hineinbringen. Doch das Erinnern liefert keine festen Bilder oder Geschichten, es sind nur Späne, Sprachsplitter und kleine Impulse, die aufleuchten, um sich bald schon zu verändern. Nico Bleutges Gedichte folgen dieser Bewegung mit ihrem Rhythmus und ihrem Klang, immer nah an der Wahrnehmung, immer nah an den Rißlinien von Sprache und Welt: "was sich da häutet, / schichtet, nah sich aufeinander schiebt. / das kriecht die wirbel noch entlang, / drückt nach in den knochen".
In seinem zweiten Band erkundet der junge Lyriker zwischen eigener Geschichte und Landschaften das Terrain der Erinnerung, über die Uwe Johnson einmal geschrieben hat, sie gleiche einer mächtigen grauen Katze hinter Fensterscheiben, unnahbar, stumm und verlockend. Und er knüpft da an, wo er mit seinem vielgelobten Erstling "klare konturen" aufgehört hat. Seine neuen Gedichte führen in die Vergangenheit hinein, machen historische Schichten und Stimmen lesbar, von der Zeit des Barock bis zu den Resten des Zweiten Weltkriegs auf der Insel Sylt.
In einem unverwechselbaren Ton zeigen die Verse so, was ein Gedicht eigentlich leisten kann: Feineinstellungen an Sprache und Wahrnehmung.
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