Die Arbeit untersucht, wie die Einbildungskraft als Vermögen zwischen Empfindung und Verstand in verschiedenen Kontexten der Moralphilosophie, Psychologie, Physiologie, Anthropologie, Ästhetik und Poetik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Problem erörtert wurde. Dieser Prozeß wird unter Rückgriff auf das frühaufklärerische Schrifttum (Malebranche, Shaftesbury, Thomasius-Schule, Wolff) in begriffs-, wissens- und wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive rekonstruiert. Ein Schwerpunkt liegt auf der vordisziplinären Anthropologie der Aufklärung. Es wird gezeigt, daß die Aufwertung der 'unteren Seelenkräfte' eine Neukonzeption des psychophysiologischen Zusammenhanges verlangt. Hierbei kommt dem Halleschen Diskussionskontext von Medizin und Philosophie um 1750 eine zentrale Bedeutung zu: in der Kontroverse von animistischen und mechanistischen Modellen der Empfindung wurde sowohl die Frage der psychischen Wirksamkeit der Einbildungskraft auf den Körper als auch ihrer physiologischen Determinierbarkeit verhandelt. Problematisch war vor allem die mögliche ausschweifende, regellose Wirkung der Einbildungskraft, die detailliert an den Gegenständen von Traum, Schwärmerei und Wahnsinn auseinandergesetzt wurde. Die daraus folgende Forderung nach einer Kontrolle der Assoziation der Ideen erstreckte sich auch auf die vermögenspsychologisch fundierte Ästhetik und Poetik, die sich die Verbesserung der Einbildungskraft durch eine sinnlich-ästhetische Erziehung zur Aufgabe machte.
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