Die Studie gewährt Einblick in die Schaffensweise hochmittelalterlicher deutscher Romanautoren, die in der Regel Bearbeiter französischer Quellen sind. Als gelehrte Autoren sind sie habituell gebunden an rhetorisch-poetische Prinzipien des Schulunterrichts, die sich aus den zeitgenössischen Poetiken erschließen lassen. Kürzungen und Erweiterungen, die Hauptmerkmale der Adaptation, erfolgen vornehmlich nach dem Inventio-Postulat des Glaubhaftmachens und gemäß der Doktrin, das einer Person oder Sache Wesentliche, Typisches und allgemein Geltendes, zu erfassen und es zu Lob oder Tadel auszubilden. Dies schränkt den dichterischen Freiraum der Bearbeiter ein und befördert doch auch ihre Kreativität, denn gerade die Beherrschung des regelgerechten poetischen Instrumentariums ermöglicht ihnen die Hervorbringung von Dichtungen höchster Qualität. Vorgeführt wird das Verfahren der Adaptation am »Eneas« Heinrichs von Veldeke. Im Vergleich mit der Vorlage zeigt sich, dass die Bearbeitung bis ins Detail in Übereinstimmung mit den Dichtungslehren erfolgt. Veldekes Arbeitsweise bleibt nicht singulär. Schon den Zeitgenossen und den auf ihn folgenden Autoren galt er als normbildend, und Hartmann von Aue oder Gottfried von Straßburg wussten sich der Poetik der Adaptation ebenso verpflichtet. Auch ihre Dichtungen erweisen sich nicht zuletzt im Horizont gelehrter Techniken als große Kunst.
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