Auf dem Hochrad der neuen Zeit entgegen - eine unvergessliche Familienlegende
Uwe Timms Roman über den Tierpräparator Franz Schröter, der Ende des 19. Jahrhunderts das Hochrad nach Coburg brachte, erzählt von Fortschritt und vom Menschsein, von individuellen Ambitionen und dem Leben in der Gemeinschaft. Diese Legende ist so wahr wie fantastisch, dabei melancholisch, hoffnungsvoll und - im Gegensatz zum Hochrad - beeindruckend zeitlos.
Als Schröter mit dem neuartigen Vehikel durch die Straßen fährt, bringt er damit die Kleinstadt in Bewegung, spaltet die Bevölkerung in Anhänger und Feinde. Für ihn ist das Hochrad nicht nur ein Bewegungsmittel, sondern ein ästhetisches Artefakt, mit dem man neu sehen und hören lernt und eine innere Balance findet. Für seine Frau Anna, die das Gefährt im syrischen Unterkleid besteigt, ist dies ein Akt der Befreiung. So sehen sie beide in dem sich anbahnenden Triumphzug des Niederrads - unseres heutigen Fahrrads - ihre Zukunftspläne bedroht. Hartnäckig tritt Schröter den Überzeugungskampf für das Hochrad an.
Uwe Timm beschreibt mit Humor, großer sprachlicher Präzision und ebenso großem Einfühlungsvermögen, was Fortschritt für die Menschen bedeuten kann. Dieser Roman, der ursprünglich 1984 erschien, zeigt heute, wie sehr dem Menschen nah, wie authentisch und meisterlich Uwe Timms Schreiben seit jeher ist, und lädt dazu ein, das Werk des Autors in seiner Gänze zu entdecken.
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