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Erstmals liegt mit dieser Arbeit eine umfassende Studie des über dreißig Jahre umfassenden Spätwerks von James Ensor vor, der dem Kunstpublikum nach wie vor nur als "Maler der Masken" bekannt ist. Die Neubewertung nicht nur seines späten uvres offenbart einen wortgewandten Ironiker, der seine Position in der Kunstwelt im 20. Jahrhundert neu bestimmt. Bildstrategien wie Abstrahieren, Ironisieren, Kombinieren, Wiederholen, Zitieren, rücken die abstrakten Qualitäten der Motivbearbeitung in den Vordergrund und stellen Ensor in eine moderne Tradition. Seine Kritik an der Gesellschaft ist entgegen dem träumerisch-verspielten ersten Eindruck der neuen Bildwelten nicht weniger nachdrücklich als in den expliziteren Darstellungen des 19. Jahrhunderts. Die hartnäckige biographistische These von einem Paradies, das Ensor sich eingerichtet habe, wird durch bildimmanente Brüche in Liebesgärten und Nymphenbildern widerlegt - in der Addition grotesker Gestalten in das vorgebliche Idyll, der Verknüpfung von Liebe mit Narrheit, und in kitschigen Elementen wie Nippes-Figuren als Teil der Bildnarrative. Den ungewöhnlichen Bildmontagen, die von Anregungen aus literarischen Drogenbeschreibungen über das belgische Marionettentheater bis zu den feinsinnigen Bildwelten Watteaus reichen, kommt die Autorin mit einem kritischen Begriffsapparat bei. Unser Blick auf die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts erweitert sich durch die erstmalige Interpretation eines Hauptwerks, der Ballett-Pantomime Die Liebestonleiter (Marionettenflirt). Das in Tableaus aufgebaute Gesamtkunstwerk wird vor dem Hintergrund des symbolistischen Theaters und den avantgardistischen Ballets russes analysiert und als moderne, durchaus abgründige, Commedia dell'Arte präsentiert. In der Arbeit werden zahlreiche (darunter viele bislang unbekannte) Zitate Ensors, dem als Schriftsteller in diesem Jahrhundert noch keine Aufmerksamkeit zuteil kam, erstmals ins Deutsche übertragen.