Die Faszination, die von Otto von Bismarck (1815-1898) ausgeht, ist ungebrochen. Zweifellos zählt der Politiker zu den bedeutendsten Staatsmännern des 19. Jahrhunderts, und seine politische Bilanz ist bis heute einzigartig: Nicht nur Preußen und Deutschland sind durch ihn tiefgreifend verändert worden. Vielmehr hat er die europäische Ordnung insgesamt revolutioniert und einem ganzen Zeitalter seinen Stempel aufgedrückt. Sein ausgeprägter Sinn für Macht und Politik ging allerdings mit einer skrupellosen Herrschsucht einher, und in der Wahl seiner Mittel kannte Bismarck keine Bedenken. Sein Bild in der Geschichte schwankt denn auch zwischen dem des ungebändigten Genies und dem eines durchtriebenen Dämons. Jenseits solcher Klischees spürt die neue Bismarck-Biographie des Historikers Carsten Kretschmann den vielfältigen Ambivalenzen in Bismarcks Existenz nach. Sie zeigt den Konservativen, der das Reich gründet, um Preußen zu bewahren; den Politstrategen, der die Sozialgesetzgebung anstößt und gleichzeitig die Sozialdemokraten verfolgen lässt; den nüchternen Pragmatiker, der zugleich ein Hasardeur ist und vor Krieg und Staatsstreich nicht zurückschreckt; den Gründer eines Reiches, das keinen Bestand haben wird.
Es ist die faszinierende und fesselnde Geschichte eines grandios scheiternden Politikers im Übergang zur Moderne.
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