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Kern jeder Straftat ist menschliches Verhalten - nur für sein Tun oder Unterlassen darf der Mensch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. In dieser Lesart entspricht das "Handlungsdogma" ganz allgemeiner Ansicht. Dennoch stellen zahlreiche Straftatbestände den Besitz von Gegenständen unter Strafe, prima vista also einen bloßen Zustand. Prominente Beispiele sind der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln und bestimmten kinderpornographischen Schriften. Die Spur der "Besitzdelikte" durchzieht das Nebenstrafrecht, sie reicht aber über Schriftenverbreitungs- und Vorbereitungstatbestände bis in den Kern des Strafgesetzbuchs. Stehen die Besitzdelikte noch auf dem Boden des Handlungsdogmas?
Die apodiktische Standardantwort lautet, mit den Besitzdelikten werde nicht ein Zustand als solcher, sondern seine Herbeiführung und Aufrechterhaltung bestraft. Eckstein untersucht, ob sich dieses Verhaltensdeliktskonzept, der Versuch, die Besitzdelikte für das Handlungsdogma zu retten, als tragfähig erweist: Der Gesetzgeber hat ganz bewußt den Besitz von Gegenständen und nicht die dem Besitz zugrundeliegenden Verhaltensweisen für tatbestandsmäßig erklärt. Dadurch wollte er den spezifischen Gefahren begegnen, die der Besitz bestimmter Gegenstände mit sich bringt, und den Nachweis konkreten Verhaltens entbehrlich machen. Das Verhaltensdeliktskonzept konterkariert diese Intentionen förmlich, es zwingt dazu, dem Besitzer ein konkretes Tun oder Unterlassen vorzuwerfen.
Die Besitzdelikte statt dessen als "Zustandsdelikte" zu kennzeichnen, weil sie den Besitz als bloßen Zustand bestrafen, wirft seinerseits Probleme auf. Eine solche strafrechtliche Zustandsverantwortung müßte mit der Verfassung in Einklang stehen. Die Besitzdelikte als Zustandsdelikte müssen sich folglich am Schuldprinzip und am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen: Berechtigt der Besitz als Zustand zum Schuldvorwurf, und bilden die Besitzdelikte als Zustandsdelikte ein verhältnismäßiges Mittel präventiven Rechtsgüterschutzes?