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Der Amerikaner R. B. Kitaj (1932-2007) zählt zu den interessantesten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Sein großes Werk, im weitesten Sinne der Pop Art zugehörig, und der bewegte Lebenslauf einer so außergewöhnlichen wie schwierigen Persönlichkeit ist in dieser, zwanzig Jahre nach seinem Tod erstmals veröffentlichten Autobiographie wiederzuentdecken. Bei Cleveland, Ohio, in eine russisch-jüdische Emigrantenfamilie hineingeboren, heuerte er mit 17 Jahren auf einem norwegischen Frachter an und fuhr fünf Jahre zur See, ab 1951 studierte er in New York an der Cooper Union und später an der Kunstakademie in Wien bei Albert Paris Gütersloh Malerei. Das Seefahrerleben sollte Kitaj und sein Frauenbild prägen, lebenslang kreiste seine Existenz um die Themen Sex und käufliche Frauen. Hinzu kam eine Leidenschaft für exquisite antiquarische Bücher, die er sammelte und mit denen er handelte, um zeitweise seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ende der 1950er Jahre lockte ihn ein Stipendium nach London, wo er an der Royal Academy studierte und in den 1950er und 60er Jahren als Maler und Zeichner große Erfolge feierte. Enge Freundschaften verbanden ihn bald mit Derek Boshier, Patrick Caulfield, Peter Phillips, Allen Jones und David Hockney. Kitaj verbrachte 39 Jahre seines Lebens in der britischen Kunstmetropole, wo er reüssierte und Ausstellungen organisierte. Höhepunkt der Anerkennung war die Aufnahme in die Royal Academy of Arts im Jahr 1991. Damit war Kitaj der dritte amerikanische Maler in der Geschichte der Institution, dem diese Ehre zuteil wurde. Für den Künstlerkreis um Francis Bacon, Frank Auerbach, Lucian Freud und Leon Kossoff prägte er den Begriff "School of London", als er 1976 The Human Clay kuratierte, eine wegweisende Ausstellung zeitgenössischer britischer Künstler in figurativer Tradition. Eine große Retrospektive seines Werks 1994 in der Londoner Tate Gallery, die, statt den großen internationalen Durchbruch zu bringen, von der englischen Kritik unisono und bösartig verrissen wurde, und der plötzliche Tod seiner zweiten Frau Sandra verdüsterten sein Gemüt und ließen verstärkt sein Selbstbild als verfolgter Jude hervortreten. Enge Freunde, die ihn zunehmend als paranoid empfanden, wandten sich ab. Verbittert kehrte er Großbritannien den Rücken. Er ließ sich in Los Angeles nieder, konnte aber nicht mehr an die Erfolge seiner Londoner Zeit anknüpfen, obwohl sein Werk immer wieder in großen Museumsausstellungen gezeigt wurde. Kitaj nahm sich 2007 das Leben. Er hinterließ ein fulminantes Manuskript, das unter den Künstlerautobiographien des 20. Jahrhunderts ohne Beispiel ist, überschrieben mit Confessions of an Old Jewish Painter. Es ist das Epochenbuch eines sprachmächtigen Künstlers zwischen Amerika und Europa, das Kitaj - mit der Schilderung seiner Laster und Leiden - nicht von ungefähr in der Tradition der Confessiones des Augustinus ansiedelt. Bekenntnisse eines alten jüdischen Malers wird hier - mehr als zwanzig Jahre nach seiner Entstehung - mit Zustimmung der Familie des Künstlers erstmals veröffentlicht. Es ist eine literarische wie kunsthistorische Sensation. Das Nachwort hat Eckhart Gillen verfasst, Kunsthistoriker und Kurator der großen Kitaj-Retrospektive Obsessions 2012/2013 im Jüdischen Museum Berlin.