Das von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommene Geschichtsbild des berüchtigten Lagers Auschwitz beruht fast ausschließlich auf dem, was Zeugen diesseits und jenseits des Lagerzauns darüber berichtet haben. Büchereien und Videokanäle wie YouTube sind reichlich ausgestattet mit Erlebnisberichten. Doch wie zuverlässig sind diese Berichte?
Eine der wichtigsten Pflichten des Historikers ist die Quellenkritik, also die kritische Analyse der Beweise, auf denen unser Geschichtsbild beruht. Für Lager wie Auschwitz bedeutet dies festzustellen, inwieweit Zeugenberichte zuverlässig sind, wo die Zeugen geirrt haben oder es nicht so genau mit der Wahrheit hielten.
Eine solche Quellenkritik prüft Aussagen dahingehend, ob sie in sich selbst widerspruchsfrei sind, sich mit anderen Aussagen decken, von Dokumenten aus der Kriegszeit bestätigt werden und materiellen Gegebenheiten nicht zuwiderlaufen.
Die vorliegende Studie wendet diese Technik auf 30 der bekanntesten bzw. wichtigsten Zeugen an, die sich zu Auschwitz geäußert haben, so unter anderem die vormaligen Häftlinge Elie Wiesel, Rudolf Vrba, Filip Müller, Charles S. Bendel, Miklós Nyiszli und Olga Lengyel, sowie die vormaligen Angehörigen des SS-Lagerpersonals Rudolf Höß, Pery Broad, Johann Paul Kremer, Hans Aumeier, Maximilian Grabner und Richard Böck. Graf gibt die für seine Analyse ausschlaggebenden Passagen der einschlägigen Aussagen wieder, die sich auf die Massenvernichtung in Auschwitz beziehen, und unterzieht sie einer fachgerechten kritischen Analyse.
Kein anderer Autor hat je diese undankbare Herausforderung angenommen, da die Kritik an Holocaust-Zeugen als Sakrileg eingestuft wird. Insofern ist dies eine wichtige, bahnbrechende Studie, der viele weitere folgen mögen.
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