Das Jahr 1805 markiert eine wichtige Zäsur in Goethes Kunstdenken. Mit Schillers Tod wird für Goethe die Aufgabe der Selbstvergewisserung immer wichtiger, so ist bereits der Winckelmann-Aufsatz zu Beginn dieses Zeitraums weniger eine Rettung des Andenkens an den Antiquar und Ästhetiker, er entwirft vielmehr das Bild eines exemplarischen Menschen der Epoche, der sich in der Erfahrung der Antike seiner Eigenheit versichert. Insofern setzt Goethe hier zu einem Neuansatz an. Die Idee des Vorbildcharakters des Älteren wird verworfen, Individuum und Moderne werden gerechtfertigt. Die Betonung der Subjektivität hat geradezu etwas Anarchisches: »Denn wozu dient alle der Aufwand von Sonnen und Planeten und Monden, von Sternen und Milchstraßen, von gewordenen und werdenden Welten, wenn sich nicht zuletzt ein glücklicher Mensch unbewußt seines Daseins erfreut?« Für Goethe bietet die Kunst vor allem die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, und die Ästhetik fungiert als unterstützende Strategie der Erfahrung.
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